1979 arbeitete ich als Student bei einem Baustoffhändler. Das Kerngeschäft waren Bauteile aus Asbestbeton. Damals wusste man noch nicht viel über die krebserregende Wirkung von Asbest. Wir packten, schichteten und schnitten damals Asbestbeton. Ein armdicker Strang reinen Asbests wurde schon mal in der Fahrerkabine des alten Hanomags tranportiert, denn es regnete ja und das Zeugs sollte nicht nass werden. An eventuelle Gesundheitsschäden dachten wir nicht.
Die tollen baulichen Möglichkeiten von Asbestbeton hatten die Industrie blind werden lassen, sicher auch die finanziellen Möglichkeiten der Herstellung und des Vertriebs dieses gefährlichen Materials. Damals, als junger Mann, habe ich nicht nachgedacht. Heute, mehr als 30 Jahre später, komme ich mir ausgenutzt vor.
Bereits um 1900 wurde die Asbestose als Krankheit entdeckt. 1943 wurde Lungenkrebs als Folge von Asbestbelastungen als Berufskrankheit anerkannt und seit 1970 wird die Asbestfaser offiziell als krebserzeugend bewertet. 1979 wurde das erste Asbestprodukt, Spritzasbest, in Westdeutschland verboten.
Laut wikipedia wurden die Gesundheitsgefahren von Asbest bereits um 1900 entdeckt (siehe Kasten). Hätte man in den 70er Jahren nicht wissen können, dass es keine gute Idee war, Asbestbeton zu schneiden und den Staub einzuatmen?
Neue Baustoffe sind nicht grundsätzlich schlecht. Die einfache Frage lautet aber: Warum brauchen wir wir sie, wenn wir bewährte Baustoffe haben? Müssen wir uns als Versuchskaninchen einer Industrie missbrauchen lassen, der es nicht um unser Wohlergehen, sondern um ihren Gewinn geht?
Manche wussten damals, als ich ein junger Student in Hamburg war, um die Gefahren von Asbest. Sie haben aber nicht oder nicht laut genug gewarnt. Man hat einfach damit gebaut, die Riskiken und möglichen Schäden verdrängt. Ähnliche Geschichten liessen sich über formaldehydhaltige Baustoffe erzählen, über giftige Lösungsmittel, Teerölkleber oder Holzschutzmittel in Dachstühlen.
Haben wir daraus gelernt? Besinnen wir uns auf erprobte und bewährte Baustoffe? Ich habe daran Zweifel, wenn ich heute beispielsweise den Einsatz von Polystyrol als Dämmstoff sehe, über Zusätze von Fungiziden in Putzen, weil sich Schimmelpilze auf den mit Polystyrol gedämmten Fassaden bilden.
Dabei könnten wir — bleiben wir beim Beispiel der Dämmung — natürliche und nachwachsende Rohstoffe einsetzen. Doch die Industrie redet uns ein, die seien zu teuer. Deshalb sei eine Dämmung mit Erölprodukten wie Polystyrol eine gute Lösung.
Sparen wir also und bauen „günstig“. Die Frage nach dem Wert unserer Gesundheit stellen wir uns besser später.
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